AH

Ein Balkon für die Helden von Berlin

Balve. Der Deutsche Fußball-Bund hat ein Problem. Im ältesten Jugendbereich hat der größte Verband der Welt einen Mannschaftsschwund zu verzeichnen. In den vergangenen fünf Jahren haben sich 2500 Mannschaften bei den A- und B-Junioren vom Spielbetrieb abgemeldet. Eine vom DFB in Auftrag gegebene Studie machte sich auf die Suche nach den Ursachen und stellte fest, dass viele der 15- bis 18-jährigen Fußballer einfach keine Lust mehr auf diesen Sport haben.

Erkenntnisse, die vermutlich bei vielen Fußballern für Unverständnis sorgen. So geschehen auch bei den Altherren-Kickern der SG Balve/Garbeck. „Uns macht der Fußball immer noch so viel Spaß wie am Anfang“, sagt Christian Müller, Präsident des heimischen Fusionsklubs. Und sein „erstes Mal als Fußballer im Verein“ ist schon fast fünf Jahrzehnte her. Heute spielt der Balver noch in der Ü50-Mannschaft seines Klubs.

Und das ist eine ganz besondere Truppe. Denn diese Mannschaft gewann im Jahr 2007 den DFB-Ü-40-Pokal. „Wir haben zusammen angefangen mit dem Fußball und werden wohl auch gemeinsam aufhören. Uns macht es einfach immer noch einen Riesenspaß – keiner von uns will verlieren“, erzählt Dirk Aßmann, einer der Protagonisten dieser außergewöhnlichen Truppe.

Aßmann bricht aber gleichzeitig eine Lanze für die heutigen Nachwuchsfußballer. „Wir hatten damals nichts anderes als den Fußball. Die Jugend von heute ist doch ganz anders aufgestellt.“

Stets große Trainingsbeteiligung
Dass der Fußball auf die älteren Herren der SG Balve/Garbeck seinen Reiz nicht verloren hat, zeigt allein die enorme Trainingsbeteiligung. Zweimal in der Woche treffen sich regelmäßig zwischen 16 und 18 Oldies am Balver Krumpaul. „Da geht es immer noch zur Sache. Und ich lasse es mir auch nicht nehmen, dabei zu sein. Ich denke, auch in zehn Jahren wird der Ehrgeiz noch genauso groß sein“, sieht Dirk Aßmann kein Ende der Fußball-Begeisterung bei den rüstigen Herren aus Balve.

Westfalen-Cup ist Glücksbringer
Die Zahl der Spiele ist mittlerweile zwar weniger geworden. Doch das liegt in erster Linie auch daran, dass es immer weniger Gegner gibt. Zudem stellen gerade im Bereich der Ü50-Altherren nicht mehr viele Vereine ein Team. Deshalb konzentriert man sich bei der SG Balve/Garbeck vor allem auf Turniere wie zum Beispiel den Krombacher-Ü50-Westfalen-Cup Ende September in Paderborn bei TuRa Elsen. Wobei dieser Wettbewerb den SG-Oldies ja schon einmal Glück gebracht hat.
Im Jahr 2006 begann bei jener Veranstaltung eine Erfolgsgeschichte, die im September 2007 mit dem Gewinn des DFB-Ü40-Cups in Berlin endete. Dort bezwang man im Finale die SG Neukölln/Rudow mit 5:4 nach Elfmeterschießen – die SG Balve/Garbeck schrieb damals Geschichte, denn man war der erste Gewinner dieses neu eingeführten Wettbewerbs.

Gern erinnern sich Christian Müller, Dirk Aßmann und ihre Mitstreiter an die anschließende Rückkehr nach Balve. Denn die knapp 11000 Einwohner große Stadt stand förmlich Kopf. „Unser Rathaus hat ja keinen Balkon. Aber als wir aus Berlin zurückkamen, hatte gab es dort einen. Über Nacht hatte man ein Baugerüst aufgebaut“, denkt Christian Müller gern zurück – zumal sich die Deutschen Meister auch noch in das Goldene Buch der Stadt Balve eintragen durften. „Das vergisst man natürlich nicht“, sind sich Christian Müller und Dirk Aßmann einig.

Berlin-Fahrt ist geplant
Ob es im kommenden Jahr eine Neuauflage der Feierlichkeiten als Ü50 gibt? Die beiden Oldies winken lachend ab. „Eigentlich ist ja eine Berlin-Fahrt geplant“, sagen die beiden Fußballer. Verwundern würde ein erneuter Triumph nicht – wenn die Alten Herren der SG Fußball spielen, sind Freude und Begeisterung immer noch wach.

Burkhard Granseier | WAZ.de – Lesen Sie mehr auf:
www.derwesten.de